I Want You to Imagine Yourself as This Being Looking at a Specimen
seit 2018 | Objekte | Ateliermüll, Plexiglas | fortlaufende Serie
i want you to imagine a being. a person. a machine. neither. both. sometime not now. sometime when you do not exist. they are making their way through a landscape. of woods. or sand. oil. water. plastic. or bones. they are making their way through a landscape of debris. they are making their way through a landscape of unimaginable space.
they kneel down to gently scoop a handful from the ground. what do you see them holding? a probe of time gone by? of time to come? a probe of your existence? of your time gone? of your time to come? to be analysed. to be studied. to be tasted. to be seen. to be misunderstood.to be reassembled. to be played with. to make art with. i want you to imagine yourself as this being looking at a specimen.
Specimen: blutiger Zahn - Open to Be Excited
2020 | Ateliermüll, Plexiglas |
19 x
43 x 2,5 cm
Specimen: One Point Is Conceptualizing and Ordering the World
2021 | Ateliermüll, Plexiglas |
Ø 24 x 2,5 cm
Specimen: And the Other Is Accepting the World as It Is
2021 | Ateliermüll, Plexiglas | Ø 24 x 3 cm
Specimen: Low for Clear Hotter Than Usual_cura2021 | Ateliermüll, Plexiglas | 8 x 11 x 2,3 cm
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Die Specimen sind Objekte aus meist drei Plexiglas Schichten, gefüllt mit Abfall aus meinem Atelier, Überresten von anderen Kunstprojekten, physisch in der Natur, auf der Strasse und Zuhause Gefundenem und Gesammeltem, und digital, in Form von Stills aus Filmen, Games, Websites und Texten, die ich lese und schreibe. So werden die Specimen zu Logbüchern und Bricolagen meines Lebens. Sie eröffnen intime Einblicke in alles, was mich beschäftigt und umgibt, aber auch in all die Dinge, die ich verwerfe, wegwerfe oder zu verstecken versuche.
Zu der Reihe hat mich unter anderem die Neuromancer-Trilogie von William Gibson inspiriert. Darin erschaffen Neuromancer und Wintermute, zwei Fragmente derselben künstlichen Intelligenz, mithilfe einer computerisierten Maschine Kunstwerke, welche an Joseph Cornell’s Objekte erinnern.
Im Begleittext zu der Reihe I Want You to Imagine Yourself as This Being Looking at a Specimen deute ich ein Wesen an, welches in der Zukunft eine Bodenprobe aufnimmt und untersucht. Wenn ich meine Materialien zwischen die Plexiglas Scheiben schichte, denke ich an diesen imaginierten zukünftigen Blick, welcher mit archäologischer Präzision Schicht um Schicht erforscht und zu verstehen versucht. So, wie ich bei der Erschaffung der
Specimen
zwischen intuitivem Gestalten und intellektuellem Mindmapping oszilliere, wird irgendwann ein Mensch, ein Cyborg, ein Roboter, eine AI oder vielleicht sogar ein ausserirdisches Wesen die Artefakte aus unseren zurückgelassenen Müllbergen erforschen und deren Zusammenhänge zu verstehen versuchen, sie vielleicht auch missverstehen und neu deuten.
Instabil verklebt, undicht geschichtet und mangelhaft konserviert, werden die Specimen selbst dem Zyklus des Verfalls und der Wiedergeburt anheimfallen. Als Kind der heutigen Zeit beschäftige ich mich damit, welchen Fussabdruck meine Existenz und als wichtiger Teil davon meine Produktion von Kunst auf unserem Planeten hinterlässt. Die Arbeit an den Specimen erlaubt mir eine fast schon alchemistische Praxis des Konservierens und Recycelns - ich verwandle Kunst in Müll und Müll wieder zurück in Kunst und auf magische Art und Weise entsteht daraus ständig wieder neue Kunst und neues Arbeitsmaterial. Das Atelier dient mir dabei als Schöpfstelle, als sampling point für die Probenentnahme, die Sammlung als Ausdruck der künstlerischen Persönlichkeit.
Für mich sind die Specimen kleine Wunderkammern für das Anthropozän, schön und problematisch zugleich, dekorativ
und eklig, mit sauber glatter Oberfläche, instabilen Inneren und gefährlich zerklüfteten Rändern - ein chaotisches Ordnungssystem für ein überfordertes Informationszeitalter und imaginierte zukünftige Relikte einer an ihrem eigenen Müll zu ersticken drohenden Welt.